Von allen Mitgliedern der polnischen LGBTIQ*-Community werden Trans*-Personen am meisten diskriminiert und attackiert. Neben der allgemeinen schädlichen Anti-LGBTIQ*-Rhetorik der polnischen Regierung, werden Trans*-Menschen in ihrem Alltag zusätzliche Hürden in den Weg gestellt. Dazu zählt der fehlende Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität, aber auch die Schwierigkeiten, die mit dem Prozess der Geschlechtsangleichung einhergehen.
Der geschlechtsangleichende Prozess in Polen gehört zu den kompliziertesten in Europa. Es gibt keine einheitliche Regelung, die es Trans*-Personen erlaubt, ihre Geschlechtszugehörigkeit zu korrigieren. Außerdem verlangt der gesetzliche Rahmen von Trans*-Menschen, dass sie ihre Eltern verklagen, um ihr Geschlecht rechtlich anerkannt zu bekommen. Der Prozess kann extrem langwierig sein und mehrere medizinische Untersuchungen benötigen. Diese Untersuchungen sind kostspielig und demütigend. NGOs berichten außerdem von zahlreichen Fällen, in denen die Eltern den Prozess ihrer Kinder behinderten. Das macht es für Trans*-Menschen sehr schwer, ihr rechtliches Geschlecht uneingeschränkt selbst zu bestimmen.
Zudem kommt es in den regierungsnahen Medien häufig zum "Deadnaming"* von Trans*-Personen, ihnen wird die selbst zugeschriebene Identität damit abgesprochen und sie somit als Trans*-Person verneint.
*Deadnaming: "Ein Deadname ist ein abgelegter, alter Vorname, der meist bei der Geburt gegeben wurde. [...] Meist passiert [deadnaming] mit der Absicht, das Geschlecht der trans Person nicht anzuerkennen, und sollte deshalb niemals getan werden." (Queer-Lexikon).
Die polnischen Trans*-Community hat bereits Versuche unternommen, den Prozess der rechtlichen Geschlechtsanerkennung zu erleichtern. Im Jahr 2015 wurde von Anna Grodzka — der ersten polnischen Transgender-Abgeordneten — ein Gesetzentwurf eingebracht, der Regelungen für die Änderung des rechtlichen Geschlechts enthielt. Der Gesetzentwurf schaffte es durchs Parlament, wurde allerdings später vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda mit einem Veto belegt.
Eine Studie der Kampagne gegen Homophobie zeigt, dass Trans*-Personen in Polen unter allen LGBTIQ*-Gruppen am stärksten von körperlicher Gewalt und Diskriminierung betroffen sind. Auf Grund der starken konservativen Rollenzuschreibungen in der polnischen Gesellschaft und Regierung, werden Trans*-Menschen nicht als gleichwertig angesehen oder behandelt. Das Gesundheitssystem bietet keine Möglichkeit für Trans*-Personen angemessene Unterstützung zu bekommen, was dazu führt, dass es unter ihnen viele Personen mit psychische Störungen aufgrund der Diskriminierung und Nicht-Akzeptanz ihrer Person gibt.
Während der Proteste der LGBTIQ*-Gemeinschaft in Polen im August 2020 wurde vermehrt Gewalt gegen Trans*-Menschen vor allem auch seitens der Polizei verzeichnet. Sie mussten vor Polizisten strippen, wurden sexuell belästigt oder wurden in Gefängnisse des gegensätzlichen Geschlechts gesteckt und waren somit hoher Gewaltgefahr ausgesetzt.
Bis heute ist Anna Grodzka die wohl bekannteste Transgender-Person in Polen. Immer mehr Trans*-Personen rücken jedoch ins Rampenlicht. Ewa Holuszko — eine ehemalige Oppositionsaktivistin und prominente Physikerin — ist eine sehr bekannte Figur in der polnischen Geschichte, die viele nationale Orden für ihr Engagement bei der Demokatiebildung erhalten hat.
Die Trans*-Gemeinschaft umfasst auch genderqueere (oder nicht-binäre) Personen. Zum Beispiel Margot, eine Aktivistin des Kollektivs "Stop Bzdurom" — wahrscheinlich eines der bekanntesten Gesichter der gewaltigen Protestwelle im Sommer 2020, die als "Polnische Stonewall" bezeichnet wurde.
Die rechtliche Situation in Polen für Trans*-Personen könnte signifikant verbessert werden, wenn die lokalen Gesetzgebungen an die internationalen und Eu-weiten Standards angepasst würde.